Auf dem Weg

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Auf dem Weg

Immer wenn ich rückblickend über mein Leben nachdenke,
wann immer ich mir längst vergangene Zeiten vor Gesicht führe,
Zeiten die ich einst durchliebt, durchlitten habe,
huscht mir ein stilles Lächeln über die Lippen, und ich denke :

Im Großen bin ich zufrieden mit diesem, meinem Leben,
all der Schmerz der vergangenen Tage
ist gewichen und erglänzt in der Erkenntnis seiner Folgen…
Nie konnte ich erzählen mein Leben sei langweilig
und uninteressant gewesen.
Turbulent und ereignisreich trifft zu.

Auch die Momente der inneren Einkehr,
in denen scheinbare Bewegungslosigkeit vorherrschte,
waren voller Staunen und Wundern…

Es ist recht seltsam, dass dieses, rückwirkend, sich so verhält…
Denn wenn ich mitten in diesen Zeiten stecke, mit Leib und Seele,
Fleisch und Blut, so glänze ich nicht gerade mit übersprühendem Optimismus…
Nein, das nun wirklich nicht…

Viel eher ließ ich mich oft fallen, oder gehen, ertrunken im Selbstmitleid,
durchdrungen von dem Gefühl ein unbedeutender Winzling zu sein,
umgeben von übermächtig großen Problemen,
der Atem gepresst, bei dem Anblick der Hürden die vor mir lagen…
Doch wieso ist das alles nun vorbei..?

Da ist keine Reue, kein Bedauern über all die vergebenen,
unausgeschöpften Möglichkeiten, da ist keine Leere nach dem Schmerz,
kein Wunsch zurück zu gehen und alles besser zu machen…
Ich habe immer mein Bestes gegeben.

Erinnerungen sind kostbar, wie matt glänzende Muscheln am Strand,
kostbar wie das Blau des Himmels, kostbar wie der Regen für das trockene Flussbett.
Es sind Erinnerungen an Menschen, an Freunde, Erinnerungen an kleine,
schöne Abende in Zeiten des inneren Krieges, Erinnerungen an die,
die mir das Leben unter allen Umständen lebenswert machten,
es sind auch Erinnerungen an Bäume und Wiesen, an das Spiel im Wald,
Erinnerungen an kleine, freundliche Geister,
die an diesen Orten wohnten und über uns wachten, Erinnerungen an kalte,
klare Winternächte, an endlose Wanderungen, Verwirrungen,
getrieben von Schmerz und Unglück,
von dem Gefühl abgespalten zu sein…

Und doch war ich niemals alleine.
Nur manchmal, in meinem stillen Kämmerchen, fern ab von der Welt,
umgeben von den Spuren der vertriebenen Geister, die in meiner Kluft
keinen Platz mehr fanden.
Ich liebe dieses Leben…

Egal wohin es mich auch führte, es führte stets sicher hinaus,
hinfort zu einer neuen Erkenntnis, und wieder zurück
zu den abgründigen Auswüchsen meines ach so menschlichen Psycho- Scheißhaufens…

Doch auch dort gab es Faszination, gab es Leben,
beobachtete ich mit Entzücken das wirre Spiel der Fliegen,
die sich auf der Scheiße tummelten.
Es ist nun wirklich seltsam…

Fast scheint es, als sei es mir vergellt
das Leben in seinem vollen Ausmaß hier und jetzt zu erkennen.
Wie fühle ich mich im Augenblick?

Der Moment ist so unbeständig, so durchzogen von Höhen und Tiefen,
noch eben fühlte ich so,
und jetzt schon wieder anders…

Es ist sehr schwer zu sehen wo ich bin, denn es bewegt sich ja ständig alles weiter.
Nur das Vergangene ist klar und unveränderlich, still.
Die Zeit heilt alle Wunden?

Nein, so ist es nicht…
Jede Narbe hat ihr Gesicht, ihre Geschichte im Lebensbuch verewigt…
Nein, das ist es nicht…
Es war der Schmerz, der die Wunden verheilte, das Hindurchgehen des Schmerzes,
Das Leben und vor allem Überleben, der ganze Scheiß,
das Auftauchen und nach Luft schnappen,
das Erspüren der frei-gelegten Sinne, das Gefühl wieder am Leben zu sein.
Und immer noch…und immer noch…und immer noch…

Ja, es ist ein schönes Leben.
Jedes Kapitel beherbergt einen unermesslichen Schatz, der Kern meiner Leiden
war die Freude am Leben, und die Gewissheit, das dies Leben anders ist..
Und wenn ich all das zusammenlege, alle Erfahrungen und Einbildungen
auf einen Haufen lege, so setzt sich nach und nach ein Sinn zusammen,
ein Grund wofür das alles schon gelebt und gestorben wurde,
wieso mir all jenes Schwere begegnete, und wieso auch aus dem größten Mist
ein fruchtbarer Dünger wird, der Schicht für Schicht begraben wird,
unter einem Teppich aus Blumen und Gräsern…

Ich möchte nichts missen, egal wie sehr ich geweint und geflucht hatte
in diesen Momenten meines Lebens, heute ist mir als wäre ich nicht der Selbe,
wäre ohne diese Dinge, unvollkommen, unbelebt…

So enthüllt sich nach und nach mein Leben, so komme ich Schritt für Schritt
meinem letzten, einzigen Ziel näher und näher…
Aufrichtig zu Leben und in Frieden zu Sterben.

Immer wenn ich rückblickend über mein Leben nachdenke
huscht mir ein stilles Lächeln über die Lippen,
denn ich weiß,
dass ich auf dem Weg bin…

 

 

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